Reihe zur Fotobuchgestaltung
Unscharfe und verwackelte Fotos mit GIMP bearbeiten
Von Mirja Hespe
Die Autorin Mirja Hespe ist professionelle Fotobuchdesignerin und schreibt die Tipps zur Fotobuchgestaltung.
In der Fortsetzung dieses zweiten Teils zur Bildbearbeitung, geben wir Tipps zum Umgang mit unscharfen Fotos. Bevor es an die Bildbearbeitung geht, möchten wir auch an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass Veränderungen ausschließlich an Kopien vom Original vorgenommen werden sollten. GIMP ist ein kostenloses Programm, das frei im Netz heruntergeladen werden kann.
Verwackelte und unscharfe Fotos mit GIMP retten
Auch Fotos, die nicht gestochen scharf sind, dürfen bei den meisten Fotobüchern für den privaten Gebrauch mit in das Buch. Denn hier geht es in der Regel nicht unbedingt um perfekt inszenierte Fotos, sondern darum, Erinnerungen festzuhalten.
Gelangt man doch einmal an einen Punkt, wo ein Foto unbedingt schärfer sein soll, wird man leider feststellen, dass aus einem unscharfen Foto keine scharfe Aufnahme werden kann. Gerade von stark verwackelten Bildern sollte man sich daher lieber trennen, als sich lange über das negative Ergebnis zu ärgern. Hier gibt es leider keine wirkliche Rettung.
Bei leicht verwackelten Fotos und insbesondere bei Fotos die durch Bildbearbeitung an Schärfe verloren haben, kann allerdings ein Griff in die Trickkiste Verbesserung bringen.
Das erste Mittel der Wahl ist die kleinere Darstellung von unscharfen Fotos. Denn je kleiner die Darstellung, desto „unsichtbarer“ die Bildfehler. Leicht nachvollziehbar und nachfolgend anhand eines Graffiti-Fotos verdeutlicht, aber zugegebenermaßen nicht unbedingt die hilfreichste Variante.
Das erste Mittel der Wahl ist die kleinere Darstellung von unscharfen Fotos
Mit Bildbearbeitungsprogrammen kann aus einem unscharfen Foto zwar auch kein scharfes gemacht werden, aber es besteht zumindest die Möglichkeit, den Eindruck von mehr Schärfe zu erzeugen. Das Foto wird dadurch also nicht tatsächlich schärfer, wirkt aber zumindest durch einige Veränderungen auf den Betrachter deutlicher. Ein wichtiger Faktor für den Schärfeeindruck ist der Kontrast. Erhöht man diesen an den markanten Konturen im Bild, wirkt das Bild meistens schärfer als zuvor.
Um nun ein Foto mit GIMP zu schärfen bzw. um den Schärfeeindruck zu verbessern, gibt es verschiedene Varianten. Vorgestellt werden unter diesem Punkt die Filter „Schärfen“ und „Unscharf maskieren“ sowie die Bildbearbeitung im LAB-Modus, bei dem ebenfalls unscharf maskiert wird.
Welche Methode die Beste ist, ist unter Anderem abhängig vom Ausgangsmaterial. Wichtig ist bei allen Möglichkeiten, das Foto in der Größe nicht zu verändern sondern in der Ansicht 100% auszuwählen. So können die Veränderungen am zuverlässigsten beurteilt werden. Zur Überprüfung und Änderung der Zoom-Stufe in der Menüleiste „Ansicht“ – „Vergrößerung (100%)“ auswählen.
Foto mit 100% der Bildgröße auf dem Monitor anzeigen lassen
Methode 1: Anwendung des Filters „Schärfen“
Die einfachste und schnellste, dafür aber auch nicht unbedingt beste, Methode ist das Schärfen mittels der Schärfen Funktion. Zu finden ist sie unter „Filter“ – „Verbessern“ – „Schärfen“. Dabei werden durch Betätigung des Schiebereglers die Kanten im Bild verstärkt. Allerdings kann durch die Anwendung auch ein vorher scheinbar nicht vorhandenes Bildrauschen sichtbar werden.
Ein unscharfes Foto mit GIMP schärfen – so geht´s
Um beurteilen zu können, welchen Effekt das Betätigen des Schiebreglers hat, muss die Vorschau ausgewählt sein. Innerhalb dieses Vorschaufensters ist es wiederum wichtig einen markanten Bildausschnitt zu wählen, bei dem die Veränderung gut sichtbar ist. In unserem Beispiel bietet sich dazu ein Ausschnitt des Vogels besonders an, wie in der folgenden Abbildung zu sehen ist.
Die Vorschau des mit GIMP geschärften Fotos
Sobald man mit der Schärfeeinstellung zufrieden ist, einfach OK klicken und der Effekt wird auf das gesamte Bild übertragen. Anschließend muss das bearbeitete Foto lediglich noch gespeichert werden („Datei“ und „Exportieren als…“).
Methode 2: Anwendung des Filters „Unscharf maskieren“
Bei diesem Filter werden ebenfalls die Kontraste an den Kanten im Bild erhöht. Allerdings gibt es mehr Einstellungsmöglichkeiten als beim einfachen Schärfen-Filter. Somit ist er nicht ganz so simpel zu handhaben. Durch die auszuwählenden Parameter ist allerdings auch ein präziseres Arbeiten möglich und es können bessere Ergebnisse erzeugt werden.
Wie bei der ersten Methode, wird auch hier ein Filter ausgewählt: „Filter – „Verbessern“ – Unscharf maskieren“.
Foto mit GIMP unscharf maskieren
Nach dem Laden des Fotos und Auswahl des Unscharf maskieren–Filters öffnet sich folgendes Fenster (siehe nächste Abbildung). Mit Hilfe eines Schiebereglers oder durch direkte Werteingabe können dort bestimmte Einflussgrößen eingestellt werden. Auch hier sollte man unbedingt einen Haken bei der Vorschau setzen und einen Bildausschnitt wählen, der die Veränderungen gut erkennen lässt.
Für ein besseres Verständnis der Parameter, erklären wir sie kurz Punkt für Punkt und beginnen bei dem untersten der drei Werte.
- Unter SCHWELLWERT wird bestimmt, wann eine Kante vom Programm als Kante erkannt und entsprechend der anderen Eingaben verändert wird. Grundsätzlich betrachtet der Filter zur Erkennung von Kanten die unterschiedlichen Farben im Bild. Treffen also zwei Farben aufeinander, erkennt er eine Kante. In unserem Beispielbild ist dieser Übergang zum Beispiel vom schwarz des Schnabels zum gelb im Hintergrund sehr eindeutig. Nicht ganz so eindeutig sind die Übergänge vom schwarz des Vogelbauches zum schwarz der Linien im Foto. Denn hier handelt es sich nicht um ein reines schwarz sondern eher um verschiedene Grauabstufungen. Durch den Schwellwert wird bestimmt, wie stark sich die Farben der nebeneinanderliegenden Pixel unterscheiden müssen, um als Kante erkannt und dann auch geschärft zu werden. Bei einem Schwellwert von 0 werden also tendenziell mehr Kanten erkannt und es wird sehr viel nachgeschärft. Mit zunehmendem Schwellwert umso weniger.
- Unter dem darüber liegenden Punkt MENGE, wird bestimmt, wie stark nachgeschärft wird. Und unter RADIUS wird festgelegt, bei wievielen Pixeln zu beiden Seiten der erkannten Kante der Effekt angewendet werden soll.
Es gibt nicht die eine richtige Einstellung für die Parameter.
Welche Werte man wählt, hängt z.B. davon ab, ob man das Foto später drucken oder im Web darstellen möchte. Außerdem spielt natürlich auch das eigene Empfinden, der eigene Eindruck, eine große Rolle.
Grundsätzlich sollte man Fotos jedoch eher zu wenig als zu viel nachschärfen. Bei dem obigen Ausschnitt wurde deutlich zu stark nachgeschärft. Es entsteht ein fast künstlerisch anmutender Effekt, der jedoch keineswegs mehr natürlich wirkt.
Hat man die für sich selbst richtigen Werte für das Foto gefunden, muss auch hier einfach mit OK bestätigt und das veränderte Foto noch gespeichert werden.
Methode 3: Bildbearbeitung im LAB-Modus
Kurz zum Hintergrund: Normalerweise werden Fotos im RGB (rot, grün, blau)-Farbraum angelegt. LAB bezeichnet ebenfalls einen Farbraum. Allerdings einen, der ein besonders breites Farbspektrum abdeckt. Außerdem sind Helligkeits- und Farbinformationen zum Foto in unterschiedlichen Ebenen gespeichert. Man hat somit im LAB-Modus die Möglichkeit, ausschließlich die L-Ebene zu bearbeiten (L = Lightness), also den Helligkeitskanal. Dadurch kann bei dieser Methode stärker nachgeschärft werden.
Bevor mit der Bearbeitung begonnen wird, wird zunächst eine Kopie des Fotos erstellt. Dazu lassen Sie sich die Ebenen anzeigen unter „Fenster“-Andockbare Dialoge“ und „Ebenen“. Durch Klick mit der linken Maustaste auf das Foto und ziehen auf das Kopieren Symbol (siehe rote Umrandung in der nächsten Abbildung), wird eine Kopie der Ebene erstellt.
Bildbearbeitung im LAB-Modus: Ebene duplizieren
Auch bei dieser Methode wird anschließend der Unscharf Maskieren-Filter angewendet. Allerdings im LAB-Modus. Um in diesen zu wechseln wird unter „Farben“- „Komponenten“ und „Zerlegen“ ausgewählt. In dem sich öffnenden Fenster unter „Farbmodus“ LAB einstellen und darunter „In Ebenen zerlegen“ anklicken. Anschließend mit OK bestätigen.
Daraufhin öffnet sich das zu bearbeitende Foto in einer schwarz-weiß Ansicht. Über dem Bild ist die bekannte GIMP-Menüleiste zu sehen. In dieser Menüleiste wählen wir den bereits bekannten Unscharf Maskieren-Filter aus unter „Filter“-„Verbessern“-„Unscharf maskieren“. Wichtig ist, dass der Filter im besagten L-Kanal angewendet wird. Um zu überprüfen, ob dieser ausgewählt ist, schauen Sie noch einmal in den bereits geöffneten Ebenen-Dialog (siehe nächste Abbildung). Wenn die L-Ebene grau bzw. blau hinterlegt ist, wie im folgenden Beispiel, ist sie ausgewählt.
Nachdem die Werte für die Parameter festgelegt wurden, wird die Eingabe wieder mit OK bestätigt. Die Änderungen haben im Moment ausschließlich Auswirkungen auf die schwarz-weiß Darstellung.
Um die Auswirkungen auch am farbigen Ausgangsbild sehen zu können, müssen die beiden Darstellungen über „Farben“-„Komponenten“-Wieder zusammenfügen“ zusammengesetzt werden.
Ist man mit dem Ergebnis noch nicht ganz zufrieden, kann im Ebenendialog die Deckkraft der duplizierten Ebene reduziert werden. Die schwarz-weiß Ansicht des Bildes (LAB-Bild) kann nach der Bearbeitung einfach geschlossen werden. Das bearbeitete Bild muss anschließend noch gespeichert werden.
Fazit zum Tutorial Fotos unscharfe Fotos mit GIMP bearbeiten
Welche der vorgestellten Möglichkeiten die geeignetste ist und welche Parameter man wählt, lässt sich am besten durch Probieren herausfinden. Auf jeden Fall ist es auch wichtig, das Bild nicht zu stark zu schärfen. Wendet man die Filter zu intensiv an, spricht man von Überschärfe und das Bild wirkt schnell unnatürlich. In dem Fall macht man die letzten Schritte einfach rückgängig. Solange immer mit einer Kopie des Originals gearbeitet wird, muss der Bearbeitungsprozess im schlimmsten Fall noch einmal von vorn begonnen werden. Hauptsache das Originalmaterial wird nicht beschädigt.
Weitere Tipps zur Bildbearbeitung mit GIMP folgenden in der nächsten Ausgabe unserer Gestaltungstipps.
Weiterlesen
- Kapitel 8.3: Fotos freistellen mit Gimp
Mirja Hespe
FM* - Das Fotobuch Magazin
Unsere Autorin Mirja Hespe ist Fotobuch Designerin und erfolgreich unterwegs mit Ihrem Unternehmen MyBooX - Die Fotobuch Manufaktur. Mirja schreibt die Ratgeber zur Fotobuchgestaltung für unser Magazin. Sie begeistert unsere Leser immer wieder aufs Neue mit frischen Ideen rund um das Fotobuchdesign.
E-Mail: mirja.hespe|at|fotobuchmagazin.de
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